Anne Donovan: Emily sein oder nicht sein

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Fiona ist ein Teenager und lebt als Kind einer Arbeiterfamilie in einem Vorstadtviertel von Glasgow. Allerdings geniesst sie weniger die mit dem Erwachsenwerden zusammenhängenden Freuden sondern macht den Abwasch, kümmert sich um ihre Geschwister, beichtet regelmäßig und geht zur Schule. Als ihre Mutter stirbt, bricht ein familiäres Chaos aus und Fiona versucht zumindest noch zu Beginn die familiäre Geborgenheit aufrecht zu erhalten: eine schottische Familientragödie. Trotz tragischer Handlung – die Mutter stirbt, Fiona wird schwanger, verliert jedoch das Kind frühzeitig, der Vater fackelt das Haus ab, usw. kommt die Geschichte über Fiona und ihr Leben nicht so recht in Schwung. Die Charaktere sind flach gezeichnet und spiegeln bekannte Klischees wider: der Bruder ist super-toll (schwul, erfolgreich und lebt in London), der Vater wird nach dem Tod seiner Frau zum Alkoholiker (und zum Arbeitslosen), die Tante ist die liberale Lesbierin (die sich irgendwann auf die tradtionellen Werte erinnert), die jüngeren Schwestern sind nervig (und setzten sich immer durch).

Der Titel bzw. der Klapptentext des Buches versprechen mehr als sie wirklich hergeben. Die stellenweise angedeutete Parallele zu Emily Bronte ist weder ausreichend ausgearbeitet noch wird sie nach dem ersten Drittel des Buches weiter verfolgt. Die einzige Gemeinsamkeit zwischen Emily und Fiona, die ich entdecken konnte, ist der alltägliche Abwasch, der Alltagstrott, den die beiden mit Literatur zumindest kurzfristig entfliehen können. Was bleibt ist eine Geschichte über ein Mädchen, das erwachsen wird, das mit dem Tod seiner Mutter kämpft und immer wieder versucht, ihr Leben in den Griff zu bekommen. Der Roman, dem leider jede Tiefe fehlt, wird zwar stellenweise liebevoll und einfühlsam erzählt, aber das allein macht diese Lektüre leider nicht empfehlenswert.

„Aber schauen Sie sich an, was in Sturmhöhe passiert. Cathy und Heathcliff sind getrennt und erst aim Tod wieder vereint, und was Shelley und Mary betrifft – auch die hatten ihre Probleme: Untreue, tote Kinder, Tragödien.

Trotzdem hatten sie Überzeugungen, sie hatten ein Ideal. Ich wusste, ich wollte mein Leben nach einem Ideal gestalten, egal, wie unmöglich das schien. Keine Kompromisse, keine Bedingungen.“