Georg Haderer: Der bessere Mensch

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Der rechtsextreme Ex-Politiker Hermann Bohr wird in seinem Haus narkotisiert und anschließend mit Phosphorsäure übergossen. Ein Investement-Banker erwischt einen Einbrecher auf frischer Tat. Als dieser flüchtet, hinterlässt er eine Säure-Spur. Wenig später findet die Polizei eine junge Türkin – erstochen in ihrem Zimmer. Und Major Schäfer ermittelt. Motivierter und leidenschaftlicher denn je. Er befindet sich zwar immer noch in Therapie und schluckt Psychopharmaka, aber seit langer Zeit geht es ihm wieder so richtig gut. Sogar zum Frühaufsteher und Sportler ist er geworden. Aber trotz seiner euphorischen Stimmung kommt Schäfer bei seinen Ermittlungen im Fall Bohr nicht weiter. Keine Verdächtigungen, keine Motive und vorerst keine nennenswerten Spuren.

„Gut gemacht … Sie scheinen sich wieder gefangen zu haben …“
„Ja … es geht mir gut …“
„Sehr schön. Wissen Sie, mir brauchen Sie da nichts vorzumachen … diese Arbeit … was glauben Sie, wie oft ich daran gedacht habe, alles hinzuschmeißen …“
Schäfer zögerte einen Moment. Was war denn das jetzt? Beichtstunde?
„Warum haben Sie es nie getan?“
Kamp stand auf und stellte sich ans Fenster.
„Warum … wofür sind wir denn sonst gut? … Ich mein das nicht negativ, schon gar nicht bei Ihnen … aber irgendwie ist es uns wohl in die Wiege gelegt … immer ein besserer Mensch zu sein zu müssen …“
„Entschuldigung?“, meinte Schäfer, der Kamps letzte Worte nicht begriffen hatte.
„Dass man immer ein besserer Mensch sein muss … wenn man diese Arbeit ernst nimmt … das zehrt … da wird man … aber ich will jetzt nicht wehmütig werden … wenn Sie meine Unterstützung brauchen, bin ich jederzeit für Sie da.“
„Vielen Dank, Herr Oberst“, sagte Schäfer verlegen, „das weiß ich zu schätzen.“
Er nahm die Treppe in den ersten Stock hinunter, rätselnd, was Kamp widerfahren war, dass er sich so rührselig zeigte. Das Alter? Gut vierzig Jahre war der Oberst schon im Dienst … das waren bestimmt an die tausend unnatürliche Todesfälle, überschlug Schäfer. Wie viele Tote hatte er selbst denn schon gesehen? Er wollte nicht weiter darüber nachdenken.

Gut, der Ex-Politiker wurde in der Vergangenheit von Linksradikalen und Antifaschisten mit Mordanschlägen bedroht. Ja, er hatte auch ein paar Pornos auf seiner Festplatte. Doch die paar, die ihm nach dem Leben trachten, haben entweder ein Alibi oder sind schlicht nicht ernst zu nehmen. Und die Pornos stellen sich als unverdächtig heraus. Und daraus, dass Bohr auf farbige Dicke stand, lässt sich noch lange kein Motiv basteln. Erst als der stinkreiche Investment-Banker Erwin Schröck einen Einbrecher aus seiner Wohnung vertreibt, stoßt Schäfer auf eine weitere säurehaltige Spur. Doch was haben Bohr und Schröck gemeinsam? Die beiden kannten sich zwar, hatten sogar geschäftlich miteinander zu tun – das aber war’s auch schon.

Dann der Mord an der jungen Türkin, die erstochen in der elterlichen Wohnung aufgefunden wird. Schäfer verdächtigt sofort den Vater, der mit der Tochter nicht gerade zimperlich umgesprungen ist. Und das lässt den tablettengesteuerten Major völlig ausrasten und die halbe Wohnungseinrichtung der türkischen Familie zerstören. Der Vater wird verhaftet, leugnet die Tat vehement, doch Schäfer ist von seiner Schuld überzeugt. Fast …

Noch trüber wird der Mordfall an Hermann Bohr, als der Zuhälter Mladic die Polizei verzweifelt um Schutz bittet. Schäfer und sein Partner Bergmann machen sich auf den Weg in dessen Wohnung. Der eindeutige Geruch nach Säure lässt die beiden die Stockwerke erkeuchen und dringen atemlos in Mladics Wohnung ein. Schusswechsel. Mladic ist bereits tot, Bergmann wird angeschossen, dem Schäfer hält der Mörder die Pistole an die Schläfe. Aber der drückt nicht ab sondern verschwindet einfach. Und Schäfer hat ein Déjà-vu.

Und dieses Mal hat der Mörder wieder eine eindeutige Spur hinterlassen. In der Küche finden die Forensiker ein paar Haare. Nur: Wie die DNS-Untersuchung später ergibt, stammen die Haare von einem Mann, der bereits seit Jahren unter der Erde liegt. Kastor. Der Kastor, den Schäfer bereits schon einmal quer durch Österreich gejagt hat, weil er neben seine Eltern auch andere Menschen kunstvoll verstümmelt hat. Wie kann ein Toter ein Mörder sein?

Und während Bergmann seine Schusswunde im AKH auskuriert, muss Schäfer seine Koffer packen. Der Besuch des türkischen Ministerpräsidenten in Wien steht auf der politischen Agenda. Da kann man keinen brauchen, der seine unkontrollierten Aggressionsausbrüche an türkischen Familien auslässt. Als Konsequenz wird Schäfer für eine gewisse Zeit nach Salzburg versetzt. Aber Schäfer ist in Hochform und sein Hirn zieht bereits die ersten Verbindungen zwischen Bohrn, Mladic und Kastor. Und da kommt ihm Salzburg für weitere Ermittlungen gar nicht ungelegen.

Georg Haderer hat mit Schäfers dritten Fall einen kompakten und spannenden Krimi-Roman geschaffen, der aber über die Aufklärung eines Mordfalls hinausgeht. Schäfers seelischer Gemütszustand und sein Verhältnis zu seinem Team (insbesondere zu seinem Partner Bergmann) in „Der bessere Mensch“ lässt im Vergleich zu den Vorgängerbücher erkennen, dass Haderer seinen Protagonisten wachsen und ihm Spielraum zum Entwickeln lässt. Der Bezug auf aktuelle, politische Ereignisse gibt dem Roman eine weitere reizvolle Note. Vor allem aber – und das macht das Buch erst so richtig dramatisch – hat Haderer die Handlung mit einer ethischen Fragestellung verknüpft und diese aus teilweise medizinischer Sicht beleuchtet: Ist es möglich, aus etwas Bösem etwas Gutes zu machen? Kann man einen besseren Menschen „machen“?

„Der bessere Mensch“ erfreut mit intelligenter Spannung, interessanten Charakteren, witzigen Dialogen und Substanz. Ein Buch mit einem gewissen Gänsehaut-Faktor.

» „Der bessere Mensch ist “ im Haymon Verlag erschienen, wo es mehr Infos über Georg Haderer gibt und du dort das Buch auch gleich bestellen kannst.

Website Georg Haderer