Volker Klüpfel, Michael Kobr: Schutzpatron

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Kluftingers neuester Fall: Ein Mann rutscht bei einem Spaziergang in eine Grube und entdeckt eine verschollene Reliquie des Heiligen Magnus, dem Schutzpatron des Allgäus. Dreißig Jahre später und nach unzähligen Ausstellungen soll die Reliquie nach Altusried in ein extra dafür erbautes Museum heimkehren.
Kommissar Kluftinger ermittelt gerade in einem Mordfall an einer alten Frau. Als er und sein Team den Tatort, eine stillgelegte Auto-Werkstätte, untersuchen, entdecken sie in einem Nebenraum eine sehr seltsame „Installation“: Der Raum ist mit Schnüren und Drähten dekoriert und in der Mitte eine Plastikfigur unter einer Käseglocke drapiert. Kluftinger dämmert’s aber erst, was es mit dieser Staffage auf sich hat, als er bei einem Meeting teilnimmt, bei dem es um die Sicherheitsvorkehrungen für die Eröffnung des Museums geht. Da will doch glatt jemand den St. Magnus stehlen!

Hefele sah nicht so aus, als wüsste er, wovon der Kommissar redete. Deswegen holte der seufzend ein bisschen weiter aus: „Also, dass der Schatz hier von einigen Jahren gefunden worden ist, das ist dir aber schon bekannt.“
Hefele nickte und sagte: „Schon. Und dass der damals mit dem Zeug zu dir in die Polizeidienststelle kam, auch.“
„Ja, aber das tut ja jetzt nichts zur Sache. Jedenfalls, neben dem ganzen Gold- und Edelsteinglump war das Hauptfundstück diese ominöse Reliquienmonstranz. Angeblich einzigartig in ihrer Verarbeitung und so. Und laut Inschrift mit Knochensplittern des heiligen Magnus versehen. Wer Magnus ist, weißt du aber, oder?“
Hefele hob entschuldigend die Achseln. „Ich bin doch nicht in der Kirche.“
„Immer diese Heiden.“ Kluftinger blies die Luft aus und überlegte kurz. „Also, der Magnus ist der Apostel … der Schutzpatron des Allgäus. Der hat doch … mei, so im achten Jahrhundert, hier gepredigt. Die Allgäuer christianisiert, erleuchtet, wenn du so willst. Er soll eine Schlange in Kempten und einen Drachen bei Roßhaupten besiegt und mithilfe eines Bären eine große Eisenader am Säuling gefunden haben. Er hat viele Wunder gewirkt. Und das alles mit seinem legendären Stab.“
„Im Allgäu gibt’s doch gar keine Schlangen und Bären.“
„Ja, aber Drachen, oder? Und Bären gab’s früher wohl. Aber egal. Jedenfalls war er sehr wichtig für die Leut hier. Später hat man zu ihm gebetet, damit er einem aus verschiedenen Nöten hilft. Ungeziefer und so. Gibt doch den Spruch: Sankt Mang / schlägt’s Kraut mit der Stang. Und auch bei Augenleiden ruft man den Magnus an.“
Kluftinger versuchte, bei der Schilderung der Funktion als Schutzpatron möglichst distanziert zu klingen. Er legte keinen Wert darauf, dass die Kollegen mitbekamen, wie sehr ihn diese Geschichten faszinierten. „Nasch ihm ist die Sankt-Mang-Kirche in Kempten benannt. Und gestorben ist er dann in Füssen, da gibt’s ja heut noch das Manger Fest, wo man eine Magnusstatue zur Verehrung durch die Stadt trägt. Und auch seinen Stab. Der wird übrigens zur Eröffnung auch hierhergebracht.“

Kommissar Kluftinger ist einer, dem gerne mal ein „Himmelarsch“ oder ein „Kruzifix“ über die Lippen schnellt. Er ist einer, dem das Hantieren mit Computer und Internet ein Gräuel ist, der noch nie in ein Flugzeug gestiegen ist und der mit Hingabe bei seiner DDR-Sekretärin ins Fettnäpfchen steigt. Ein echter Ureinwohner des Allgäus also…

Aber wenn’s um Ermitteln geht, da schaltet der behäbige Familienvater ziemlich fix. Und weil Kluftinger so gar keinen Anhaltspunkt hinsichtlich des geplanten Raubs an der wertvollen Reliquie hat, stattet er dem Gauner-Veteranen Heinz Röster einen Besuch ab. Röster, bereits todkrank und im Altersheim, hat vor Jahren schon einmal den St. Magnus gestohlen. Kluftinger engagiert ihn kurzerhand als externen Berater für seine Ermittlungen.

Gleichzeitig arbeitet „der Schutzpatron“ mit seinem Schutzheiligen-Team an seinem Coup des Lebens, nämlich an dem Raub des St. Magnus aus dem Museum. Aber es läuft nicht alles nach Plan für den Perfektionisten: Erst bringt ein Mitarbeiter durch ein Missverständnis die alte Dame um, dann müssen sie bei Nacht und Nebel aus der Werkstätte flüchten und vergessen dabei auch noch die „Installation“ abzubauen.

Das Autoren-Duo versucht nichts auszulassen, um den Leser zumindest zum Schmunzeln zu bringen. Das Spiel mit Klischees (ein schrulliges Landei als Protagonist, ein paranoider Technik-Freak als sein Counterpart, skurrile Wiener, ein Golf spielender Landarzt, Bürgermeister, Dorfpfarrer …) gepaart mit bayrischer Ausdrucksweise bringt einen zu Beginn auch wirklich zum Lachen, später allerdings wirkt so mancher Schenkelklopfer nur noch peinlich.

Man merkt, dass sich Klüpfel und Kobr in der Situationskomik wohlfühlen. Der Krimi allerdings bleibt dabei auf der Strecke und die Handlung leider von Anfang an durchschaubar. Einerseits ist das durch die wechselnde Erzählperspektive (Kluftinger/Schutzpatron) auch so gewollt, andererseits gibt es damit auch keine überraschenden Wendungen oder Spannungsmomente. Mit weniger Slapstick und mehr Krimi-Spannung hätte mir der Roman besser gefallen.