Nicholas Christopher: Eine Reise zu den Sternen

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Mit einer Reise zu den Sternen beginnt und endet der Roman – und auf den Seiten dazwischen spielt Astronomie und Arachnologie eine grosse Rolle. Loren und Alma – Neffe und Tante – werden nach einem Besuch in einem Planetarium in New York gewaltsam auseinander gerissen und werden sich erst 15 Jahre später wieder begegnen. Einander kapitelweise abwechselnd erzählen die beiden ihren Lebensweg während den 15 Jahren. Während Alma ihren Name in Mala ändert und ein unstetes Leben beginnt, wird aus Loren Enzo, der in Las Vegas seine Wurzeln findet. Ein Familien-, Liebes-, Schicksals- und Krimiroman mit ein paar Häppchen Fantasy.

Wir waren tief ins All vorgestoßen und kehrten nun zurück. Bevor wir das Sonnensystem verließen, umkreisten wir den Mond und mehrere Planeten. Wir kurvten über die Ringe des Saturn, erkundeten den Roten Fleck auf dem Jupiter und streiften die eisigen Gebirgszüge des Uranus. Wir jagten einen Kometen und schlängelten uns durch einen Meteoritenschwarm. Jenseits von Pluto erreichten wir die Gestirne: Funkelnde Sternhaufen, Ringe und Mondsicheln umschwirrten uns. Wir folgten der langen Kurve der Milchstraße, an Alpha Centauri vorbei, dem ersten Stern jenseits der Sonne, und beobachteten, wie eine Supernova explodierte und ein Neutronenstern zu einem schwarzen Loch kollabierte. Wir reisten weiter zum roten Stern Antares, zweihundert Lichtjahre entfernt, sahen uns ausgiebig auf der nächstgelegenen Andromeda-Galaxie um und nahmen anschließend Kurs zurück zur Erde.

Loren ist 10 Jahre alt, als er mit seiner Tante ein Planetarium besucht. Sein bisheriges Leben ist durch das Sterben seiner Mutter, Zieheltern und Großmutter seiner Ziehmutter geprägt. Da bleibt nur noch die halbwüchsige Tante übrig, die von Boston kommend, nicht weiß, wie sie sich selbst und ihren Neffen ernähren soll. Einander kennen sie sich nur flüchtig, nichtsdestoweniger verbindet sie ein unsichtbares Band. Als Loren an seinem Geburtstag – nach dem Besuch im Planetarium (und seiner ersten Reise zu den Sternen) – entführt wird, bricht für Alma eine Welt zusammen. Als die Polizei ihr nicht weiterhelfen kann, fängt sie ein neues Leben an. Sie bricht ihr Studium ab, ändert ihren Name in Mala und beginnt auf Reisen zu gehen. Nur weit weg von den Erinnerungen, die sie trotzdem Nacht für Nacht heimsuchen. Mala wird ruhe- und rastlos. Nach einem längeren Aufenthalt bei einem Spinnen-Experten bricht sie als Krankenschwester nach Vietnam auf, wo gerade der Krieg wütet. Auf einem Lazarett-Schiff begegnet sie Geza Cassiel, ihr erster Lichtblick, in den sie sich verliebt. Aber auch dieser Mensch wird ihr schnell wieder genommen…

Loren wird von seinen Entführern nach Las Vegas gebracht, zu seinem (stinkreichen) Onkel. Im einzigartig-fantastischen „Hotel Canopus“ – voll mit ausgewählten seltsamen und intellektuellen Dauergästen – wächst Enzo nun auf und kommt in den Genuss einer humanistischen Ausbildung (auf Lehrstoff und auf die Art des Lehrens wird sehr viel eingegangen). Kindheit und Jugend könnten im Leben eines jungen Menschen nicht besser sein. Trotzdem wird Enzo immer mehr in die Familiengeschichten zweier verfeindeter und weitschichtig verwandter Clans hingezogen bis er zum Mittelpunkt der Familientragödie wird. Doch die Tragödie währt nur kurz: die schlechten Menschen sterben (oder vegetieren zumindest dement dahin), die Guten finden endlich zueinander… beinahe! Denn: Bevor Enzo seinen richtigen Vater kennen lernt, beschließt der, als Astronaut auf den Mond zu fliegen.

Phantastische Elemente, Legenden und Aberglaube und tiefgehende Emotionen wie Liebe, Trauer und Hass verwebt der amerikanische Autor Nicholas Christopher, zu einem dichten Teppich, in dem man sehr gerne an langen Winterabenden seine Zehen vergraben möchte aber leider manchesmal auf kleine störende Krümel stößt. Bei manchen Stellen im Roman schießt der Autor über’s Ziel hinaus: Die Vampir-Geschichte, zum Beispiel, und damit zusammenhängend das mysteriöse Verschwinden der (weitschichtig verwandten) Geliebten von Enzo, die elendslange Beschreibung seiner schulischen Ausbildung (für die Amerikaner mag es aufregend sein, Latein, Griechisch und Philosophie zu lernen) und die an den Haaren herbeigezogenen „zufälligen“ Ereignissen, bei denen der Leser schon vorher ahnt was kommt.