Thomas Willmann: Das finstere Tal

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Dieses Buch braucht sich nicht hinter den – zumindest in meinen Breiten sehr bekannten Film – zu verstecken. Als ich den Film wieder einmal angesehen habe, wollte ich doch mal sehen, wie es um die literarischen Basis des Alpenwesterns steht.

Es ist der Debütroman des Münchner Schriftstellers Thomas Willmann und ist 2010 zum ersten Mal erschienen. Der Schauplatz ist düster, kalt und feindselig. Die Geschichte spielt Ende des 19. Jahrhunderts. Ein Fremder betritt mit seinem Maultier ein abgeschottetes Tal hoch oben in den Bergen. Es ist Greider, ein Mann von weit her, der vor Wintereinbruch eine Bleibe sucht. Doch eine Unterkunft zu finden ist nicht leicht. Erst als seine Absicht vom Chef im Tal abgesegnet ist – sein Geld spielt dabei eine wesentliche Rolle – kann er bleiben. Außerdem möchte der Fremde ja nur malen und erscheint somit harmlos. Es hegt auch dann keiner Verdacht, als zwei tödliche Unfälle passieren. Es sind zwei von fünf Söhnen des Brenner-Brauern, dem selbsternannten Oberhaupt und Besitzer des finsteren Tals, die tot aufgefunden werden. Der eine in der Baumrutsche, der andere im eisigen Mühlbach. Greiders Beschreiten des Tals ist gleichzeitig eine Ankündigung, die für das Tal nichts Gutes verheißt.

Greider lebt sich ein, im Bauerhof der Witwe Gaderin und ihrer Tochter. Bis es richtig ins Eingemachte geht, hat der Leser die Hälfte des Buches bereits gelesen. Bis dahin konzentriert sich der Autor – wie auch sein Held – auf das detaillierte Beobachten von Mensch und Natur im finsteren Tal, das kein Außen duldete. Sie sind einfach und eigen, die Bauern und Handwerker im Tal, mit von der Arbeit massig gewordene oder ausgezehrte Leiber mit markigen Köpfen, die in dunklen, gedrungenen Häusern leben. Der Winter lässt nicht mehr lange auf sich warten, und die Natur harrte des Todes durch den ersten Frost. Willmann unterbricht diese düsteren Vorzeichen mit einer Rückblende zu Greiders Kindheit, als dieser mit seiner Mutter quer durch Amerika reist und wie er von einem Reisegefährten das Schießen lernt.

Was wie ein moderner Ludwig Ganghofer beginnt, endet mit einem klassischen Italo Western. Diese beiden Inspirationsquellen kombiniert Willmann mit einer zeitlich angepassten Sprache. Es ist ein gelungener Genre-Mix, der viel zu bieten hat. Nach der Lektüre verstehe ich nicht, dass viele den Film kennen und schätzen, das Buch aber nicht gelesen haben.