Christiane Kördel

Christiane Kördel Außenbüro
Christiane Kördel beim Schreiben von „Seezeichen 13“. Was für ein Arbeitsplatz!
Christiane Kördel ist Autorin, Texterin und Self-Publisher. In Konstanz am Bodensee geboren, lebt sie immer noch an diesem schönen Platz – zusammen mit Mann und Hund. Auf Blücher haben wir ihre Krimi-Kömodie „Seezeichen 13“ und ihre Heldin Ines Fox vorstellt. Uns hat nicht nur der Roman gefallen, sondern auch die sehr charmante Autorin, die wir durch den regen Email-Kontakt ein bisschen näher kennengelernt haben. Grund genug, Christiane Kördel etwas auszufratscheln

Übrigens: Der diesem Interview vorangegangener E-Mail-Verkehr ist genauso vergnüglich zu lesen wie ihr Roman und ihre Antworten zu unseren Fragen. Ob sie über nun über das mitgeschickte Foto plaudert (Mit dem Hut sehe ich aus wie eine durchgeknallte Feldforscherin), ihre Intention als Schriftstellerin (Das ist es ja, was ich erreichen will. Wer erzählt schon gerne Witze, wenn keiner lacht?) darlegt oder ihren Umzug beschreibt – jede Zeile sprüht vor Energie, Lebenslust und Humor. Wir hoffen, noch viel von ihr zu lesen! Überzeugt euch selbst:

10 Fragen – 10 Antworten

1.  Gleich vorweg: Wieviel Christiane Kördel steckt in Ines Fox?

Gar nix. Okay, ein bisschen was. Also gut, schon das ein oder andere. Tatsächlich haben Ines Fox und Christiane Kördel einiges gemeinsam, wenn die beiden auch deutlich mehr unterscheidet.

Da ist natürlich unser gemeinsamer Wohnort Konstanz am Bodensee. Ich denke, jede Umgebung gestaltet ein bisschen mit, wer wir sind und was uns wichtig ist. Ines und ich lieben den See.

Dann hat Ines eine ähnliche Funktion, wie ich sie einmal hatte, die einer Jungunternehmerin in einer schnelllebigen Branche im IT-Bereich, mit einem freundschaftlichen, fast familiären Team. Ich arbeitete allerdings immer mit zwei Co-Geschäftsführern zusammen, was vieles einfacher machte und mich auf andere Weise forderte. In einer stark von männlichen Kollegen geprägten Branche allein ein Unternehmen zu führen, wie Ines das tut, verlangt nach einer toughen, durchsetzungsstarken Persönlichkeit, die auf sich selbst vertrauen können muss. Um es auf den Punkt zu bringen: Ines ist jünger, mutiger, sturer, temperamentvoller, selbstbewusster und sexier, hat einen größeren Hang zum Chaos und lebt ihre Leidenschaften stärker aus. Also ganz anders als ich, eigentlich.

Lustigerweise wirkt Ines‘ Art regelrecht ansteckend auf mich. Seit es sie gibt – man beachte diese Formulierung, ich hab doch einen an der Waffel! – esse ich mehr Schokolade als mir gut tut und entdecke mehr Chaos und Unstrukturiertheit an mir, lasse das auch eher zu. Ein Psychotherapeut könnte da jetzt was draus machen, da wette ich.

„Ines“ ist übrigens mein zweiter Vorname und war zunächst nur als Arbeitsname gedacht. Ich habe nicht wirklich etwas für meine Vornamen übrig. Zu „Ines“ hatte ich gar keine Beziehung entwickelt. Der Name war nicht schön, fand ich, ein überflüssiges Anhängsel. Beim Schreiben dachte ich, wenn ich ihn eine Weile als Arbeitsnamen verwenden würde, bis ich mich in einen dieser wunderschönen Frauennamen verguckt hätte, die alle auf A enden, dann wäre er wenigstens mal für kurze Zeit zu etwas nütze gewesen. Und wie das mit Provisorien so ist, man gewöhnt sich dran, schneller, als man denkt. Irgendwann fand ich den Namen gut und er durfte bleiben.

2.  „Seezeichen 13“ sprüht nur so vor weiblichen Humor – bei welchen Gelegenheiten fallen dir die witzigen Situationen oder Dialoge ein, die du dann für deinen Romane verwendest?

Beim Schreiben. Ich bin in der Tat jemand, der sich hinsetzt, einfach anfängt und sich treiben lässt. Natürlich muss ich deswegen manchmal zurück, um etwas geradezubiegen, weil dieser lustige Einfall von gerade eben nicht mehr zu dem passt, was davor passierte. Das macht die Sache nicht sehr effizient, aber das ist auch nicht das Ziel. Während Effizienz und Kosten-Nutzen-Orientierung mein Arbeitsleben als Geschäftsführerin prägten – was mir nicht wirklich leicht fiel, auch wenn mir klar war und ist, dass es nicht anders geht – habe ich mir explizit erlaubt, diese Denke beim Schreiben nicht anzuwenden. Luxus pur! Das Ergebnis: Uneffizient, aber so was von, und jede Menge Spaß.

Dabei hätte ich es vorher nie für möglich gehalten, dass es dermaßen viel Spaß macht. Wenn jetzt noch jemand mein Spaßprodukt liest und dabei auch noch Spaß hat, dann ist das quasi Spaß hoch zwei. Es ist für mich unbezahlbar, selig machend und katapultiert mich regelmäßig in den siebten Himmel. Okay, in den sechsten, denn der siebte ist natürlich nur für den besten Schriftstellerinnengefährten aller Zeiten reserviert.

3.  Du hast Verwaltungswissenschaften studiert und bist Geschäftsführerin eines Softwareunternehmens. Ausbildung und Beruf lassen eher auf einen trockenen Charakter schließen, dein Buch hingegen beweist das ganze Gegenteil. Hast du zwei Persönlichkeiten?

Hui, ich hoffe, dass niemand, der mich kennt, mich als „trockenen Charakter“ titulieren würde. Das fände ich übel. Aber ich sehe absolut, dass mein Werdegang trocken klingt. Verwaltungswissenschaften für sich ist schon ein echtes Unwort, oder? Dabei ist es ein ziemlich guter interdisziplinärer Studiengang. Man kann alles lernen und nichts. Etwas Soziologie, etwas Marketing, etwas Wirtschaft, etwas Jura, etwas internationale Politik, etwas IT … Idealerweise vernetzt man diese Welten und kann Problemstellungen von allen Seiten beleuchten. Für mich war das damals das Richtige, weil ich nicht so recht wusste, was ich werden wollte. Heute weiß ich es: Schriftstellerin. Aber mir ist bewusst, ich wäre heute eine andere, wenn ich diesen Weg nicht gegangen wäre. Keine Ahnung, ob das besser oder schlechter … die Frage stellt sich ja auch nicht.

Ich kenne übrigens keinen einzigen trockenen Geschäftsführer im IT-Bereich. Die sind alle irgendwie verrückt, auf eine liebenswerte Art natürlich.

4.  „Der erste Mord ist am schwersten.“ Dieser Satz von dir kommt in einem Autorenprofil vor. Wann war denn dein erster Mord? Und wer war das Opfer?

Ich verweigere die Aussage! Nun musste ich doch glatt nachlesen, was ich da verzapft hatte. Das war so gemeint, dass ich in meinem ersten Krimi SEEZEICHEN 13 jemanden sterben lassen musste. Und so blöd sich das anhört, aber das ist mir wirklich schwer gefallen. Als ich meinte, jetzt müsste ich langsam mal konkret überlegen, wie genau sich das zugetragen haben soll, wer hat jetzt welche Waffe wie genau … Es hat mich wirklich Überwindung gekostet, es mir genau vorzustellen und „zu tun“, auch wenn es nur in Gedanken war. Ich fühlte mich verantwortlich. Verrückt, oder?

Der zweite Mord war übrigens deutlich einfacher. Der Mensch ist halt ein Gewohnheitstier. Und nun morde ich eben, ganz normal – literarisch wohl gemerkt.

5.  Wie bist du auf die Idee gekommen, Ines Out-of-body-Erfahrungen machen zu lassen? Was war die Intention dahinter?

Ich wage es kaum zu sagen, weil … na, lies selbst. Ich startete als Icherzählerin, weil ich irgendwo gelesen hatte, das dies für Neulinge am einfachsten sei. Ich schrieb also so fröhlich vor mich hin, bis ich dann merkte, was ja nun eigentlich so was von logisch ist, aber … nun ja, ich merkte, dass ich nur erzählen kann, was Ines sieht oder erfährt. Und da genau habe ich die Out-of-body-Erfahrungen eingesetzt und fand Gefallen daran. Es eröffnete mir eine neue Ebene und steuerte eine „Alles ist möglich“ Atmosphäre bei. Ausbrüche aus der realen Welt weiten den Horizont, beflügeln die Fantasie, davon bin ich fest überzeugt. Menschen, die Filme sehen, in denen Lebewesen aus anderen Welten mit Menschen zusammenarbeiten oder befreundet sind, dürften weniger fremdenfeindlich sein, denke ich. Also SciFi als Pflichtfach in der Schule!

Auch hier ließ ich mich einfach treiben, denn an eine Veröffentlichung habe ich zu diesem Zeitpunkt nicht gedacht. Ich wollte einfach tun, was mir Spaß macht, herumspielen und schreiben.

6.  Wie kommst du diesbezüglich mit Peter Bergmanns Kritik, dass dieser Kniff unsportlich ist, klar?

Na, der Mann hat Recht! Das habe ich ihm auch geschrieben. Zitat aus meiner Mail an Peter Bergmann, der ja nun ein Krimiprofi ist, vor dem ich große Hochachtung habe: „Ich kann absolut nachvollziehen, Du bist da auch nicht der Erste, der das zurückmeldet, dass die Zuhilfenahme von OBE eine etwas faule Ermittlerin zurück lässt. Und hier ist’s nun mal wie im wahren Leben, für Faulheit gibt’s Abzüge. 🙂 Dass es in Deinen Augen trotzdem für 4 Sterne gereicht hat, ist für mich als Debütantin wirklich ganz, ganz prima.“

SEEZEICHEN 13 lebt glücklicherweise nicht in erster Linie von den Krimielementen. Als reine Komödie wäre es mir allerdings zu langweilig geworden. Mein Glück, dass das auch andere so sehen.

7.  Ein Buch schreiben ist nur die halbe Miete. Wie hast du dein Buch publiziert?

Da für mich klar war, dass „Geld verdienen“ nicht zu den Zielen bei meinem Projekt „Schreiben“ gehört, hat mich Amazons Kindle Select Programm angesprochen. Es ermöglicht mir, das eBook 5 Tage pro Vierteljahre völlig kostenlos anzubieten und damit möglichst viele Leser zu erreichen, abtauchen und erfrischt wieder auftauchen zu lassen. Zudem ist es bei kindleunlimited erhältlich. Obwohl bei mir wie vermutlich bei vielen im Kopf steckt „Amazon böse“, habe ich bisher nur positive Erfahrungen mit dem Team und Service von Kindle Direct Publishing gemacht. Zumindest auf der Autorenseite ist das eine sehr faire Sache. Generell kostenlos wollte ich mein Buch allerdings auch als eBook nicht anbieten. Wir sind doch darauf getrimmt, wenn’s nichts kostet, taugt’s nichts. Stimmt’s? So ist es für mich die richtige Mischung.

Da ich viele Leute kenne, die ein gedrucktes Buch bevorzugen, was ich komplett verstehen kann, obwohl ich selbst mich papierentwöhnt habe, wollte ich Ines Fox nach der eBook Testphase auch in der analogen Welt lebendig werden lassen. Die Wahl fiel auf BoD als Verlag, was ich leider inzwischen bereut habe. Das „Buch als Buch“ ist aber sehr schön geworden, ganze 600 g schwer, man muss nur etwas Geduld mitbringen, wenn man es über die ISBN 978-3-7392-4704-5 im Buchladen um die Ecke, beim Buchhandel des Vertrauens oder Amazon bestellt.

Obwohl ich aus dem Marketingbereich Erfahrung mit der Druckvorstufe und prinzipiell in der Ausgabe und dem Export von Daten habe, war es nicht ganz ohne, bis eBook und Druckversion so aussahen, wie ich sie haben wollte. Auch hier gibt’s viel zu lernen. Und lernen ist gut, stimmt’s?

Noch ein Wort zum Cover, was für mich sehr wichtig ist, und in das ich mich regelrecht verliebt habe. Es wurde über die Plattform 99designs entwickelt. Dort kann jeder eine Ausschreibung starten und nach einem geführten Auswahlprozess mit seinem Lieblingsdesigner zusammenarbeiten. Obercool: Der junge Designer dieses Entwurfs sitzt in Transylvanien und die Muse, das Vorbild für den roten Lockenkopf ist seine Freundin. Hach!

8.   Lachst du beim Schreiben?

Ja, manchmal. Meist ist es eher ein albernes Kichern. Ich tanze auch mal verrückt im Zimmer herum, wenn ich gerade eine für mich amüsante oder gelungene Stelle geschrieben habe. Und ich habe den Drang, das in die Welt zu posaunen, in dem Moment total kontraproduktiv, ich weiß, weil es natürlich niemand verstehen würde und es ein Spoiler wäre.

Insgesamt ist das Schreiben für mich ein echter Stimmungsaufheller.

9.  Welches Buch hat dich zuletzt zum Lachen gebracht?

Das ist nicht die erste gute Frage hier. Ich bin ausgemachter Marc-Uwe Kling Fan. Die Känguru-Trilogie ist für mich das Lustigste der letzten Jahre. Aber wenn ich beantworten soll, was mich zuletzt zum Lachen gebracht hat, dann würde ich sagen „Es muss wohl an Dir liegen“ von Mhairi McFarlane. Ich habe es als Hörbuch konsumiert, die Äuglein wollen auch mal ausruhen. Die Komik dieser Liebesgeschichte mit Britta Steffenhagens Charakterstimme war eine sehr gelungene, unterhaltsame Kombination. Da zieht man den Hut.

10.  Was ist in Planung? Schreibst du an einem neuen Roman?

Aber klar! Ich habe die Fortsetzung begonnen. Bisher heißt sie trocken „Teil 2“ … oje, vielleicht bin ich ja doch ein trockener Charakter? Da sollte ich nochmal drüber nachdenken. Na, auf jeden Fall lasse ich Ines, Dr. Frieder und den Rest der Truppe ein weiteres Abenteuer erleben, was mir ganz natürlich vorkommt. Außerdem haben mir viele Leser zurückgemeldet, sie wären begierig zu wissen, wie das nun mit Ines und Dr. Frieder weitergehen würde.

Die Figuren sind mir ans Herz gewachsen. Ich könnte sie jetzt noch nicht sich selbst überlassen. Wer weiß, was sie anstellen würden.

Beim ersten Buch habe ich unglaublich viel auf verschiedenen Ebenen gelernt. Das hätte ich in dieser Ausprägung nie für möglich gehalten. Nun bleibt zu hoffen, dass ich einiges davon beim Zweiten umsetzen kann, wobei mir natürlich insofern etwas die Hände gebunden sind, als dass ich eine Fortsetzung versprochen habe, die natürlich nicht alles bisher Eingeführte über den Haufen schmeißen darf. Will heißen: Man darf gespannt sein, braucht aber noch eine gehörige Portion Geduld, siehe oben „fehlende Effizienz“.