Matt Ruff: Bad Monkeys

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Las Vegas, Strafvollzugsanstalt Clark County, Beklopptentrakt: Die mehrfache Mörderin Jane Charlotte erzählt einem Psychiater ihre Lebensgeschichte. Nicht, dass sie erwartet, dass er sie glauben wird. Noch weniger, dass er sie nach ihren Erklärungen für geistig gesund halten wird. Aber da er nun schon mal da ist und auch bereit ist, ihr zuzuhören, beginnt sie zu erzählen: Wie alles mit 14 Jahren begann, wie ihre verkorkste Jugend verlaufen ist, und wie sie später von der undurchsichtigen Organisation „Bad-Monkeys“ (Behörde zur Beseitigung von hoffnungslosen Fällen) rekrutiert wird und bestimmte Aufträge zur Verbesserung der Welt erledigt. Es geht um Verschwörungen, Doppelagenten und Täuschungsmanöver, dass einem schwindelig werden kann und sich laufend fragen muss, ob nicht die Erzählerin oder der Autor einen Knall hat.

Jane ist eine spritzige Erzählerin mit einem Hang zum Sarkasmus

Sie berichtet von ihrer Jugend in einem heruntergekommenen Viertel, ihr schwieriges Verhältnis zur Mutter und wie sie in die Welt der Drogen abdriftet. Als sie beim Gras-Anbau erwischt wird, wird sie kurzerhand aufs Land zu ihren Verwandten abgeschoben. Dort kann das schwierige Persönchen im gesellschaftlichen Leben etwas Fuß fassen. Als sie jedoch einem Pädophilen und Mörder auf der Spur ist, gerät sie wieder in Schwierigkeiten. Und als der Mörder Jagd auf Jane macht, sind es die „Bad Monkeys“, die ihr helfen. Unter der Spüle findet die Jugendliche eine knallorange Pistole, eine NT-Knarre. NT steht für „Natürliche Todesursache“. Derjenige, der mit dieser Pistole getroffen wird, stirbt entweder an einen Schlaganfall oder an einem Herzinfarkt. Wirklich praktisch.

Das war Janes erster Kontakt mit den „Bad Monkeys“, einer geheimen Geheimorganisation, die sich zur Aufgabe gemacht hat, das Böse in der Welt zu bekämpfen. Im Klartext: Diese spezielle Abteilung bringt diejenigen um, die hoffnungslos dem Guten entsagt haben – Serienkiller, Kinderschänder, Massenmörder. Jane wird den „Bad Monkeys“ noch öfter in ihrem Leben begegnen, mit ihnen zusammenarbeiten und am Ende auch gegen sie. Ihr Bruder, auf den sie als Kind immer aufpassen musste, spielt dabei eine gewichtige und zwielichtige Rolle.

Der Psychiater hört zu, der Leser liest. Und beide wissen nicht so wirklich, ob Jane nicht einer gewaltigen Verschwörungstheorie aufgesessen ist, sich das alles nur einbildet oder ob ihre Geschichte auch tatsächlich wahr ist. Das Wechselspiel Realität/Illusion kann beginnen.

Eine spannende und fesselnde Geschichte – zumindest im ersten Drittel. Die Idee, der das Buch zugrunde liegt, ist gut und wird eigentlich durch den Klappentext nur unzureichend beschrieben. Im Fortlauf der Geschichte hatte ich dann den Eindruck, dass sich Matt Ruff zu verzetteln beginnt und nicht genau wusste, wie er sich aus Schein/Sein und Lug/Trug heraus manövrieren soll. Der Roman wird schwammig-abstrus und verliert an der zu Beginn aufgebauten Spannung. Unterhaltsam sind jedoch Ruffs Dialoge, die locker-flockig mit sarkastischem Ton rüberkommen:

„Willkommen, Jane“, begrüßte er mich. „Ich bin Bob True.“

„Hi“, sagte ich. „Omnes mundum facimus.“

„Schon gut. Ich brauch den Zaubersatz nicht. Aber da wir schon mal beim Thema sind, haben Sie das Rätsel inzwischen gelöst?“

Hatte ich, endlich. „Es ist eine Entgegnung“, sagte ich. „Auf das, was die Leute sagen, wenn sie für eine beschissenen Situation nicht verantwortlich gemacht werden wollen: ‚Ich hab die Welt nicht gemacht, ich leb da nur.'“

„Sehr gut.“

„Das ist also das Ziel Ihrer Organisation? Die Welt zu einem besseren Ort machen?“

„Durch Bekämpfung des Bösen in all seinen Formen“, sagte True nickend.

„Sind Sie von der Regierung?“

Die Frage schien ihn zu überraschen. „Bekämpft die Regierung das Böse?“

Ich dachte darüber nach. Aus irgendeinem Grund war das Erste, was mir zu dem Thema einfiel, weder das FBI noch das Rechtssystem, sondern mein letzter Besuch beim Verkehrsamt. „Naja“, sagte ich, „sie kann.“

„Alle möglichen Dinge können das Böse gekämpfen“, erwiderte True. „Zum Beispiel Backsteine – wenn ein Backstein in Stalins Wiege gefallen wäre, hätte sich das zwanzigste Jahrhundert möglicherweise ein bisschen erfreulicher gestaltet. Aber selbst wenn einer da reingefallen wäre, bezweifle ich, dass allzu viele Menschen sagen würden, der Zweck von Backsteinen ist, das Böse zu bekämpfen.“

„Dann sind Sie also nicht von der Regierung. Was sind Sie dann? Eine Bürgerwehr? Sie machen Jagd auf Schurken, richtig?“

„Die Organisation verfolgt ihr Ziel durch vielfältige, größtenteils konstruktive Mittel, Wir setzen Gute Samariter ein, Wahllose Gute Taten, Zweite und Dritte Chancen …“ Er redete weiter und zählte mir mindestens ein Dutzend solcher – wie ich schließlich begriff Abteilungen auf, tatsächlich existierender Abteilungen der Organisation, die das Böse auf positive, lebensbejahende Weise bekämpften. Ich muss mit der Zeit einen weggetretenen Eindruck gemacht haben, denn plötzlich unterbrach er sich und fragte: „Langweile ich Sie?“

Matt Ruff: Fool on the Hill