Jakob Arjouni: Chez Max

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Im Jahr 2064 ist die Welt durch einen Zaun zweigeteilt. Die euroasiatische Gemeinschaft ist reich, fortschrittlich und demokratisch. Der Rest der Welt ist arm und wird von religiös-fanatischen Diktatoren beherrscht. Die USA sind bankrott und überleben nur, weil sie von der Gemeinschaft subventioniert werden. Das ist die Welt, die uns Arjouni beschreibt und in der die Geheimagenten Max Schwarzwald und Chen Wu leben. Ein futuristisch-utopischer Krimi mit politischen Seitenhieben auf die Gegenwart. Der Deutsche Max und der Chinese Wu sind Partner. Sie sind „Ashcroft-Männer“, Undercover-Spitzel, die die Kriminellen hinter Schloss und Riegel bringen bevor überhaupt ein Verbrechen passiert. Die beiden sind unterschiedliche Charaktere: Max betreibt als Teil seiner Scheinidentität das Restaurant „Chez Max“ in Paris. Als gebildeter und kultivierter Typ leitet er lieber sein Restaurant als dass er Verbrecher jagt. Wu hingegen gilt als einer der besten bei Ashcroft, seine Verbrecherstatistik ist ungeschlagen. Anders als Max kritisiert Wu offen die Politik der Gemeinschaft, er ist rüde und beleidigend zu seinem Partner und arbeitet als Gärtner. Seine demütigende Art ist es, die Max dazu bringt, Schwachstellen an Wu zu orten, um ihn der Organisation ans Messer zu liefern. Und so werden die Jäger selbst zu den Gejagten, die Spitzel zu Bespitzelten – und wer nun wirklich derjenige ist, der Dreck am Stecken hat, ist gar nicht mehr so klar.

Der Plot ist eher schwach besetzt, Spannung kommt nur sehr wenig auf. Unterhaltsamer dagegen ist die Schilderung der Welt im Jahre 2064 (es gibt Sexomaten, die sich aber nicht jeder leisten kann, Simultanübersetzerknöpfe und Rauchen ist absolut verboten) und aus welchen Taten heraus sie entstanden ist. Arjouni beruft sich hier auf tatsächliche Geschehnisse, wie der Terroranschlag vom 11. September 2001, und spinnt politische Tendenzen der Jetztzeit weiter. Amerika führt sich durch seine Irak-Kriege selbst in den Ruin und versinkt als Getreidelieferant in die Bedeutungslosigkeit. Europa und China konzentrieren sich derweilen auf ihr wirtschaftliches Fortkommen und kaufen das hochverschuldete Nordamerika quasi auf. Sie bilden eine Konföderation, führen einen fünfjährigen Befreiungskrieg gegen den Rest der Welt und errichten einen Mega-Zaun:

„Er teilte die Welt. grob gesagt, ein für alle Mal in Fortschritt und Rückschritt oder zumindest Stillstand – auch wenn damit die Zustände in ihrer Gesamtheit natürlich nicht hundertprozentig korrekt beschrieben waren. Doch die Richtung stimmte, und ohne Zaun hätten die radikalisierten Teile der zweiten Welt uns sicher schon vor langer Zeit in ihren primitiv-religiösen, gewaltverherrlichenden Andersartigkeit verachtenden Abgrund gezogen. Und sei es nur, daß wir irgendwann bereit gewesen wären, uns ernsthaft mit ihnen auseinanderzusetzen – womöglich über Moral und Werte mit ihnen zu verhandeln, Kompromissen einzugehen und unsere Freiheit herzugeben für die vage Hoffnung auf Frieden. Doch mit Fanatikern diskutiert man nicht, und es gibt Tische, wenn man sich an die setzt, hat man schon verloren. Sollten sie sich doch untereinander zerfleischen, was sie ja auch zur Genüge taten.“