Chris Anderson: The Long Tail

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Nischenprodukte statt Massenmarkt – Das Geschäft der Zukunft. Chris Anderson, Chefredakteur des amerikanischen Magazins „Wired“, brachte 2004 einen Artikel unter dem Titel „The Long Tail“ heraus, der die Grundlage dieses Buches bildet, nachdem er in Vorträgen, in Beiträgen im Blog und Diskussionen weiter entwickelt wurde. Anderson entwickelt zunächst eine Art wirtschaftskulturelle Theorie, welche aus seiner Sicht erklärt, warum unsere Vorstellung von Erfolg ganz besonders geprägt ist: Weil aus rein physikalischen Gründen jedes Regal und jeder Verkaufsraum begrenzt ist und deswegen Geld kostet, müssen Wirtschaftsunternehmen ihre ganze Arbeit auf Hits ausrichten, also auf deutlich überdurchschnittlich erfolgreiche Produkte. Denn nur diese Produkte werden oft genug verkauft, um auch ordentlich Geld reinzuspielen, was dabei hilft, die Verkaufsfläche (und alles drumherum) zu finanzieren. Und so kommt es, dass unser gesamter Wirtschaftskreislauf darauf ausgerichtet ist, Hits (extrem gut verkäufliche Produkte) zu finden und Nieten (weniger gut verkäufliche Produkte) auszusortieren. Was ändert sich nun durch das Internet? Die entscheidende Veränderung ist, dass Verkaufsraum plötzlich kaum noch Geld kostet, oder zumindest sehr viel weniger. Bei digitalen Produkten ist das ganz leicht zu verstehen – es kostet für iTunes kaum zusätzliches Geld, noch einen weiteren Song (oder 100 weitere Songs!) ins Repertoire aufzunehmen. Das bisschen Serverplatz ist mittlerweile spottbillig geworden. Wenn ein stationärer Plattenladen, der schon voll ausgelastet ist, noch 10 weitere CDs ins Angebot aufnehmen will, muss er, im Extremfall, anbauen.

Als die drei Wirkungsmechanismen des „Long Tail“ hat er ermittelt:

1. Demokratisierung der Produktion durch zum Beispiel Software zum Komponieren, Aufnehmen und Bearbeiten von Musik.

2. Demokratisierung des Vertriebs durch so genannte Aggregatoren wie Amazon, iTunes, Netflix, die das Angebot für viele Kunden verfügbar machen.

3. Verbindung von Angebot und Nachfrage durch Filter wie zB Google, Kundenempfehlungen, Bestsellerlisten u.ä.

Spannend finde ich sind die Auswirkung auf unsere Gesellschaft. Geschmack wird individueller, aber wir wollen trotzdem „dazugehören“ und weiter: Was, wenn der „Long tail“ bei anderen Bereichen des Lebens zu wirken beginnt: „Demokratisierung der Produktion und des Vertriebes?“ Klingt schwer nach Marx und Engels, aber soweit sind wir noch nicht. Alles in allem ein spannendes Buch, auch wenn der Autor zur Wiederholung neigt. Jedenfalls ist es den Kauf wert und gerade bei einer „Neuen Mediengruppen-Diskussion“ muss man das Buch (und den Inhalt) kennen, auch wenn das Buch mit den Deutschen Titel („der lange Schwanz“) zu Irritationen in der privaten Bibliothek und bei Freunden führen kann.