Richard K. Breuer: Rotkäppchen 2069

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Igor begrüsst euch nach langer Abwesenheit mit der virtuellen Freakshow „Rotkäppchen Zwanzigneunundsechzig“ (Untertitel „einliterarischercomicstripübersexundandereperversionen“). Auch wenn im Titel ein Märchen angedeutet wird, und es auf den ersten Seiten lustige Zeichnungen gibt: Kein Kinderbuch! Die vier Psychos Franzi, Wolf, Perse und Rob werden aus therapeutischen Zwecken mittels eines Quantenrechners in die Virtuality des Jahres 2069 transportiert. Sie werden dazu – das kennen wir ja schon z.B. aus „The Cell“ – in einen künstlichen Tiefschlaf versetzt. In diesem virtuellen Traum-Raum leben sie nicht nur das aus, was sie in der Realität hemmt, sondern sehen sich auch bald damit konfrontiert, dass sie in einem schief gegangenen Experiment gefangen sind. Und aus dem müssen sie sich nun rauswurschteln – die Suche nach dem Notausgang beginnt. Und wie bei einem „echten“ Adventure-Game hat die Truppe mit der einen und anderen Überraschung in Form von personifizierten Exit-Löchern, Höllen-Teufelchen, Gartenzwerge, weißen Drache, durchgedrehte Wissenschafter zu tun und stoßen schließlich auch auf die Exit-Routine Rotkäppchen:

[ROTKÄPPCHEN] „Wer sind denn die?“

[ROB] „Das… das sind meine Freunde … Wolf, Perse und Gonzo.“

Sie geht zu Gonzo.

[ROTKÄPPCHEN] „Was bist du denn für einer? Dir kriecht gerade eine Made aus deinem Nabel. Außerdem stinkst du wie ein Haufen Scheiße. Was starrt ihr mich so an? Was wollt ihr von mir?“

[PERSE] „B will ein Protokoll!“

[ROTKÄPPCHEN] „Ein Protokoll? Warum will er ein Protokoll?“

[ROB] „Weil … weil der Ausgang nicht offen ist.“

[ROTKÄPPCHEN] „Was redet ihr da für eine gequirlte Kacke? Ich habe den Exit aktiviert und den InstruktionsCode ausgeführt. Vielleicht ist ja der Code Shit. [zwinkert] Aber weil du so ein netter Junge bist, Rob, könnte ich mir überlegen, den Exit erneut zu aktivieren … vielleicht hilft’s? Aber du musst mir einen kleinen Gefallen tun.“

[WOLF] „Was soll der Gockel für dich tun?“

[ROTKÄPPCHEN] „Er soll’s mir besorgen!“

[WOLF] „Und was soll er dir besorgen?“

Rotkäppchen zieht Wolf an den Schlappohren.

[ROTKÄPPCHEN] „So bescheuert ist ja nicht mal eine gehirnamputierte Fledermaus … ich will mit dem kleinen Hengst meinen Spaß haben und ihr bekommt danach euren Ausgang in die Realität. Das ist der Deal! Ich warte hinter dem gelben Zelt auf ihn.“

Rotkäppchen hüpft fröhlich pfeifend davon, während sich Wolf und Perse zu Rob drehen.

[WOLF] „Okay, die Göre ist völlig durchgeknallt, aber immerhin will sie uns helfen. Warum stehst du hier noch herum, Rob? Sei ein Mann und kein Jammerlappen! Schließlich wollen wir alle nach Hause, na, wird’s bald! Leg sie flach!“

Rob tritt von einem Bein auf das andere.

[ROB] „Ich … ich weiß nicht … das Mädchen ist so ekelhaft. Ich mag sie nicht!“

[PERSE] „Robilein, du musst sie ja nicht heiraten. Und sei nicht so trotzig. Also gut, ich werde dir helfen. Warte hier!“

Perse kommt mit Rotkäppchen zurück.

[ROTKÄPPCHEN] „Der Kleine ist nervös? Ich halt’s nicht aus. Muss ich jetzt Baldrian besorgen?“

Es ist wirklich erstaunlich und bewundernswert, was man auf knapp 300 Seiten (exklusive den farbigen Illustrationen am Ende der Geschichte und dem Epilog) so alles verpacken kann: ein in Dialogform gefasster Comic-Strip mit pornografisch-futuristisch-philosophischen Tendenzen, Trash-Movies-Charakteren mit dazu passenden Illustrationen und Handlungselementen, die an ein Computerspiel erinnern. Der Wiener Autor (Dramatiker, Blogger, Comic Texter und Illusionist) Richard K. Breuer beweist eine weitreichende multimediale Kreativität, die für eine außergewöhnliche und witzige Unterhaltung sorgt – sofern man auf das Absurde, Irre und Abgefahrene steht. Ein Buch, das man im wahrsten Sinne des Worts bis zur letzten Seite liest.

„Trash – engl. Müll, Abfall – bezeichnet als deutsches Lehnwort der Postmoderne ein kulturelles Produkt mit geringem geistigen Anspruch, an dem gerade der Aspekt der Geistlosigkeit genossen wird. Auch übt die oft unfreiwillige Komik eine große Faszination auf die Konsumenten aus. Die Anwendung des Begriffes ist umstritten und schwierig einzugrenzen. Was der eine Betrachter als Kitsch, als Gipfel der Geschmack- und Geistlosigkeit ansieht, birgt für den anderen tiefen künstlerischen Wert. Dies gilt besonders bei zum Kult gewordenen Trash, bei dem dann die rein subjektive Einschätzung das Maß setzt.“ (aus: Wikipedia: Was ist Trash?)

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