Für jene, die den Kinostart von „Der Fall des Lemming“ nicht verpasst haben und wissen wollen wie es weitergeht, hier nun „Lemmings Himmelfahrt“, der zweite Fall des recht patscherten und liebenswerten Wiener Ex-Polizisten. Er hat’s wirklich nicht leicht, der Lemming: In seiner Wohnung steht das Wasser, weil ein Rohr geplatzt ist, bei seiner Freundin ist ein blondes Muskelpaket eingezogen und als er sich in ein Kaffeehaus setzt, um sich in Selbstmitleid zu wälzen, gerät er auch noch in einen Wickel, der mit einem Toten, dem Krankenpfleger Ferdinand Buchwieser, endet. Und dann steht nur noch der Lemming mit der Schusswaffe in der Hand da und die Hirnmasse des Toten klebt ihm auf dem Hemd. Das alles um viertel sieben in der Früh am Wiener Naschmarkt.
Der Lemming türmt erstmal und kontaktiert dann seinen (einzigen?) Freund, den Pathologen Bernatzky. Die beiden entwickeln einen Plan: Der Lemming soll sich in die psychiatrische Klinik „Unter den Ulmen“, in dem der Tote gearbeitet hat, einschleichen und dort mehr über die Zusammenhänge herausfinden. Gesagt, getan.
Der Lemming holt sich noch ein paar Tipps von Bernatzky, wie man einen „Psycho“ simuliert und täuscht dann einen Unfall mit darauf folgendem Gedächtnisverlust vor, um in das Sanatorium eingeliefert zu werden. Und da geht’s gar nicht so ruhig zu, wie es zuerst den Anschein hat. Zu allem Übel und zwecks Steigerung der Spannung taucht dann auch noch sein Erzfeind auf, der noch eine alte Rechnung mit dem Lemming (siehe 1. Fall) offen hat: Kommissar Krotznig.
Abermals zwängt sich der Lemming jetzt durch den Riss in der Mauer. Schließt kurz die Augen, blinzelt, um sich an das gleißende Licht zu gewöhnen. Hebt dann den Kopf … und blickt in ein schwarzes Loch.
Ein wohl bekanntes schwarzes Loch.
Kugelrund.
Durchmesser neun Milimeter.
„Servus, Burli …“
Wer den ersten Fall des Lemming mag, wird auch den zweiten mögen, denn es geht heiter weiter mit Wiener Schmäh und österreichischen Skurrilitäten, die sich brav mit philosophischen und gesellschaftskritischen Überlegungen abwechseln. Selbstverständlich gibt’s auch eine – nicht zu komplizierte aber mitreißende – Handlung und eigenwillige Charaktere.
Hallo Igor!Da scheint sich bei Wei Hui was deutlich geändert zu haben. Ich habe Shangai Baby vor einigen Jahren
gelesen und habe ein ziemlich anderes Bild davon im Kopf. Mehr merkwürdige Partys mit merkwürdigen Leuten, tiefe Verletzungen, die man unter der bunten Oberfläche ahnt, die aber nicht
erklärt werden, durchaus starke Prosa und auch Erotik. Coco war zwar schon arrogant und suchte nach Anerkennung aber das war als eine Form der Revolt gegen die chinesische
Gesellschaft durchaus nachvollziehbar. Es war zwar eine teilweise verstörende – würde ich heute vielleicht nicht mehr so empfinden; etwas älter geworden halt 😉 – aber keine schlechte
Lektüre. Eine Fortsetzung erschien mir allerdings nicht notwendig zu sein. Marrying Buddha ist vielleicht einfach nur überflüßig wie deine sehr gute Rezension es auch ahnen lässt
;).
Ich habe den Eindruck, dass du mich falsch verstanden hast: ich kann auch nichts mit solchen Romanen anfangen
und konnte das nie. Markenklamotten und dergleichen sind mir so was von egal. Chicklit ist überhaupt nicht mein Ding und Shangai Baby würde ich auch nicht in diese Kategorie stecken.
Was ich mit dem Alter meinte ist nur, dass ich Sachen, die ich damals noch als verstörend empfunden habe, heute nicht mehr so wahrnehmen würde, weil ich inzwischen viel gelesen und
erlebt habe.
hi niessu!ich hab den vorgänger nicht gelesen – ich muss zugeben, ich kann dieser art von romanen, in denen es hauptsächlich
um die konfliktbewältigung rund um markenkleider, makeup und restaurants geht, nicht viel abgewinnen. und wie du auch angedeutet hast: das hat sicher auch mit dem eigenen alter zu
tun. ich kann mir vorstellen, dass ein jüngeres publikum mit romanen à la Der Teufel trägt Prada mehr anfangen kann (obwohl: dieses buch hat definitiv mehr tiefgang als marrying buddha)