Leif GW Persson: Zwischen der Sehnsucht des Sommers und der Kälte des Winters
Der gelb-blaue Norden wird mehr und mehr zur Quelle des (literarischen) Verbrechens. Und wo das Böse lauert, ist ein Super-Cop nicht weit. In diesem Fall ist es – wie könnte es anders sein – der allein stehende und zum Übergewicht neigende Lars Martin Johansson, der als schwedischer „honest cop“ den Helden spielt. Sein Fall: Ein Amerikaner springt aus dem Fenster, doch erst nachdem der Körper auf die Straße knallt, kommt mit Verspätung sein zweiter Schuh daher und erschlägt einen Hund. Mitnichten ein skuriler Krimi – vielmehr ein Guckloch in die geheimen Machenschaften der schwedischen Polizei und Politik.
„Der Ministerpräsident“, sagte er. „Falls du an eine einzelne Person denkst, dann ist wohl leider der Ministerpräsident das allgemeine Hassobjekt.“
„Deshalb schießen sie also bei ihren Freiluftaktivitäten auf sein Bild“, stellte der Sonderbeauftragte fest, und aus irgendeinem Grund lächelte er dabei strahlend.
„Gerade dieses Detail war mir bisher unbekannt“, erwiderte Berg, aber der andere schien ihn nicht gehört zu haben. Er saß behaglich zurückgelehnt in seinem Sessel, hatte die Augen halb geschlossen, die Hände über dem Schmerbauch verschränkt, sein Lächeln war fast verschwunden.
Dieser Mann spinnt doch, dachte Berg. Keine Frage.
Irgendwer will den Ministerpräsidenten umbringen. Sind es die Kurden? Die Russen? Die Amerikaner? Politik, Polizei und die SÄPO (schwedische Geheimpolizei), die sich um dieses Problem kümmern sollten, sind mehr mit ihren eigenen, korrupten Intrigen beschäftigt. Da kommt so ein Selbstmörder, noch dazu ein Amerikaner, gar nicht gelegen, und so wird der Suizid schnell und (nur allzu) gern zu den Akten gelegt. Nur der Kriminaldirektor Johannsson glaubt nicht so recht an die Selbstmordgeschichte und beginnt eher zufällig und widerwillig an zu recherchieren.
Der Roman lehnt sich sehr stark an die Ermordung des schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme (1986) an, vieles jedoch ist fiktional und trotz der vielen Parallelen zu dem damaligen Attentat, bleibt es bei einer Krimi-Geschichte – und die gestaltet sich streckenweise etwas langatmig. Für Leser aber, die sich für Spionage und den dazupassenden geschichtlichen Hintergrund interessieren, ist diese Schwerfälligkeit kein Nachteil.
Ein Plus ist die sich ständige wechselnde Erzählperspektive. Persson lässt die Hauptpersonen selbst sprechen und wir bekommen tiefe Einblicke in die Gedanken von hohen Tieren in der Politik und von Streifenpolizisten (mögen manche davon nie in meine Gasse kommen!). Und so verschieden die Ansichten und Intellekte sind, so alterniert Sprache und Stil.
Leif GW Persson ist Professor der Kriminologie. Seine Romane um den „honest cop“ Lars M. Johansson gehöhren zu den erfolgreichsten in Schweden und wurden mehrfach mit dem Schwedischen Krimipreis ausgezeichnet.